FAQ-Katalog zum Thema "Schlüssel- und Waffenaufbewahrung" in NRW
Das Oberverwaltungsgericht NRW hat mit einem Urteil vom 30. August 2023 die Anforderungen an eine sichere Aufbewahrung von Schlüsseln für Aufbewahrungsbehältnisse von Waffen und/oder Munition gemäß § 36 Abs. 1 WaffG konkretisiert. Aufgrund unterschiedlichster Anforderungen und Verfahrensweisen der jeweiligen Polizeibehörden, hatten sich am 15. April 2024 Vertreter des Schützenwesens in NRW aus RSB, WSB und BHDS mit NRW-Innenminister Herbert Reul getroffen, um eine einheitliche Verfahrenspraxis der Behörden auf den Weg zu bringen (wir berichteten).
Ergebnis dieses Gesprächs war unter anderem auch die Veröffentlichung eines FAQ-Katalogs, der auf die unterschiedlichen Fragestellungen von Schützinnen und Schützen in NRW eingeht. In Zusammenarbeit zwischen dem NRW-Innenministerium und den Vertretern des Schützenwesens in Nordrhein-Westfalen ist dieser nun nachfolgende Fragenkatalog bereits an alle Kreispolizeibehörden des Landes mit der Bitte um Beachtung übermittelt worden.
In diesem FAQ finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zu diesem Thema. Bei einzelfallspezifischen Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre zuständige Waffenbehörde.
Das Urteil ist zwar nur in einem Einzelfall ergangen, die Ausführungen des Gerichts sind jedoch genereller Natur. Das Gericht stellt klar, wie die bereits bestehende Gesetzeslage (§ 36 WaffG) auszulegen ist, die unmittelbar für jeden Waffenbesitzer gilt. Insofern betrifft das Urteil auch Sie persönlich.
Zitat aus dem Urteil des OVG NRW vom 30.08.2023: "[Dieses Erfordernis] ergibt sich […] aus einer eingehenderen Auslegung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zur Aufbewahrung von Waffen und Munition insbesondere unter Berücksichtigung ihres systematischen Zusammenhangs und ihres Sinns und Zwecks."
Im Übrigen wurde die Rechtsauffassung des OVG NRW zur vorgenommenen Auslegung des § 36 Abs. 1 WaffG zwischenzeitlich auch vom 6. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 18.12.2023, Az. 6 B 61/23, geteilt.
Tatsächlich ist es ein ungewöhnliches Vorgehen, sämtliche Waffenbesitzer persönlich anzuschreiben und über die Rechtsprechung des OVG NRW zu informieren. In diesem Falle gab es aber berechtigte Gründe dafür. So hat das OVG NRW den Kläger in dem zu entscheidenden Fall trotz Aufbewahrungsverstoßes nur deshalb nicht als unzuverlässig betrachtet, weil laut Gericht es bis zu diesem Zeitpunkt keine ober- oder höchstrichterliche Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte gab, der entsprechend hohe Vorgaben zu entnehmen gewesen sind, an welcher sich Waffen- oder Munitionsbesitzer hätten orientieren können und müssen.
Auch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hatte seine Ermächtigungsgrundlage in § 36 Abs. 5 WaffG nicht genutzt, notwendige Konkretisierungen zu den Anforderungen der Aufbewahrung von Waffen durch eine Rechtsverordnung zu regeln.
Auch vor diesem Hintergrund hat das OVG NRW entsprechend geurteilt und ist so zu verstehen, dass es aufgrund seiner jetzt vorliegenden obergerichtlichen Rechtsprechung erwartet, dass Waffen- und Munitionsbesitzer in Nordrhein-Westfalen die Vorgaben aus dem Urteil kennen und bei Nichtbeachtung dieser grundsätzlich als unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG gelten.
Der Waffenbesitzer hat damit alles Erforderliche in die Wege geleitet. Ein Nachweis darüber, dass eine entsprechende Bestellung oder Auftrag erteilt wurde, sollte auf eventuelle Nachfrage der Waffenbehörde vorgelegt werden können. Bis zur Lieferung ist der Schlüssel weiterhin bestmöglich gegen Abhandenkommen zu sichern. Eine Beanstandung durch die Waffenbehörde erfolgt in diesem Fall nicht.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass der Erlaubnisinhaber alle im Zusammenhang mit der Umsetzung des OVG-Urteils verbundenen Kosten selbst tragen muss. Das OVG NRW führt hierzu im Urteil vom 30.08.2023 ausdrücklich aus: "Eine etwaige Belastung mit den Kosten für die Anschaffung eines weiteren Behältnisses, das dem Sicherheitsniveau für die Aufbewahrung der Waffen und Munition entspricht, muss von den Waffen- oder Munitionsbesitzer zum Schutz der Bevölkerung vor den großen Gefahren, die von Waffen und Munition in Händen unberechtigter Dritter ausgehen, hingenommen werden."
Durch eine eigenhändige Umrüstung erlischt in der Regel die Zertifizierung eines Waffenschrankes. Die Umrüstung könnte jedoch durch eine akkreditierte Stelle (§ 13 Abs. 10 AWaffV) anerkannt werden. Wer das Erlöschen einer Zertifizierung bei einem eigenhändigen Umbau nicht riskieren will, kann die Umrüstung sogleich durch eine akkreditierte Stelle vornehmen lassen.
Ja, Waffenschränke, die vor dem 6. Juli 2017 zur Unterbringung von Waffen genutzt wurden und seitdem weitergenutzt werden, behalten ihren Bestandschutz weiterhin. Die Waffenschränke behalten auch ihren Bestandsschutz, wenn sie nachträglich mit einem Zahlenschloss umgerüstet wurden und dadurch ihre A- bzw. B-Zertifizierung nach VDMA 24992 - Stand 1995 behalten.
Zu der Frage, ob Besitzer erlaubnispflichtiger Schusswaffen und Munition, die diese schon vor dem 06.07.2017 in einem Waffenschrank der Sicherheitsstufen A bzw. B nach VDMA 24992 (Stand 1995) aufbewahrt haben und seitdem weiterhin aufbewahren, für ihren Waffenschrankschlüssel nunmehr einen Tresor des Widerstandsgrades 0 nach DIN/EN 1143-1 anschaffen müssen, hat das OVG NRW sich nicht geäußert.
Die Waffenbehörden akzeptieren es, wenn betroffene Waffenbesitzer in den angesprochenen Altfällen für die Aufbewahrung ihres Waffenschrankschlüssels einen Zahlentresor mit der Sicherheitsstufe, die ihr Altwaffenschrank von Rechts wegen haben muss (also je nach Einzelfall Stufe A bzw. Stufe B nach VDMA 24992 - Stand 1995), nutzen. Nach der Rechtsprechung des OVG NRW soll letztlich insbesondere verhindert werden, dass das für die Waffenverwahrung selbst vorgeschriebene Sicherheitsniveau durch ein im Vergleich dahinter zurückbleibendes Sicherheitsniveau der Schlüsselverwahrung unterlaufen wird ("Schlüssel als schwächstes Glied der Kette").
Vor diesem Hintergrund akzeptieren die Waffenbehörden es in den Altfällen grundsätzlich auch, wenn für die Aufbewahrung des Schlüssels zu einem fortgesetzt genutzten Waffenschrank der Sicherheitsstufe A nach VDMA 24992 (Stand 1995) ein Tresor der Sicherheitsstufe S 1 nach EN 11450 verwendet wird, bzw. wenn für die Aufbewahrung des Schlüssels zu einem fortgesetzt genutzten Waffenschrank der Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992 (Stand 1995) ein Tresor der Sicherheitsstufe S 2 nach EN 11450 verwendet wird. Die Gleichwertigkeit der Aufbewahrung muss aber im Einzelfall nachgewiesen werden.
Sollte allerdings eine Neuanschaffung anfallen, kann es sich anbieten, ein Modell nach dem aktuell geltenden Widerstandsgrad EN 1143-1 zu wählen, um für ggfs. zukünftige Fortentwicklungen in der Rechtsprechung gewappnet zu sein.
Die Rechtsprechung des OVG NRW ist grundsätzlich auch auf Schlüssel für Innenfächer von Tresoren anwendbar. Hier ist zu differenzieren:
Handelt es sich bei dem Waffenschrank mit Innenfach um einen solchen mit Widerstandsgrad 0 oder 1 nach DIN/EN 1143-1, so ergeben sich für die Verwahrung des Innenfach-Schlüssels keine besonderen Anforderungen. Es kommt in diesen Fällen allein darauf an, dass ein etwaiger Schlüssel zum Waffenschrank selbst den gesetzlichen Anforderungen entsprechend verwahrt ist. Eine Problematik ergibt sich jedoch bei Waffenschränken der Sicherheitsstufen A oder B nach VDMA 24992 mit Innenfach. Befindet sich im Innenfach eines solchen Waffenschrankes erlaubnispflichtige Munition, die zu den eingelagerten Waffen passt, muss die Verwahrung des Innenfach-Schlüssels infolge der aktuellen Rechtsprechung des OVG NRW seinerseits mindestens in einem gesonderten Stahlblechgehäuse mit Schwenkriegelschloss erfolgen, wobei dieses im Ergebnis über ein Zahlenschloss verfügen sollte. Befinden sich im Innenfach (Sicherheitsstufe B) eines Waffenschrankes der Sicherheitsstufe A dagegen Kurzwaffen, muss der Innenfach-Schlüssel wiederum gesondert mit mindestens demselben Sicherheitsniveau (Sicherheitsstufe B) mit Zahlenschloss oder biometrischem Schloss verwahrt werden. In beiden Fällen kann der Innenfach-Schlüssel also nicht in dem Waffenschrank der Sicherheitsstufe A oder B selbst aufbewahrt werden, ansonsten böte das Innenfach keinerlei eigenen Schutz mehr.
Gemäß § 13 Abs. 8 AWaffV hat der Bundesgesetzgeber festgelegt, dass die gemeinschaftliche Aufbewahrung von Waffen oder Munition nur durch berechtigte Personen, die in einer häuslichen Gemeinschaft leben, zulässig ist. In diesen Fällen gilt nach der Rechtsprechung des OVG NRW Gleiches auch für die Aufbewahrung der Schlüssel (sowie der Notschlüssel) zum Waffenschrank. Bitte stellen Sie aber sicher, dass in Ihrem Fall tatsächlich die Voraussetzungen des § 13 Abs. 8 AWaffV gegeben sind und wenden Sie sich zuvor sicherheitshalber an Ihre zuständige Waffenbehörde.
Für Notschlüssel gelten die gleichen Voraussetzungen wie für andere Waffenschrankschlüssel auch. Um den Anforderungen des OVG NRW gerecht zu werden, kommt eine Verwahrung im Zahlentresor selbst in Betracht. Da damit der Zweck des Notschlüssels entfallen würde, kommt aber auch eine Vernichtung des Notschlüssels in Betracht.
Aufgrund entsprechender Hinweise von Banken hat das LKA NRW bereits im Jahr 2012 festgestellt, dass Bankschließfächer in der Regel nicht die Mindestanforderungen nach § 36 WaffG und § 13 AWaffV an eine sichere Aufbewahrung von Waffen und Munition erfüllen. Falls diese Voraussetzungen ausnahmsweise doch im Einzelfall gegeben sind, können Sie unter Vorlage entsprechender Nachweise die Anerkennung der Gleichwertigkeit bei Ihrer zuständigen Waffenbehörde beantragen.
Über diesen Fall hat das OVG NRW nicht entschieden. Aufgrund seiner ergangenen Rechtsprechung dürfte Folgendes gelten:
Es kommt darauf an, wie der Schließmechanismus im Einzelfall ausgestaltet ist. Soweit durch das Zahlenschloss der unberechtigte Zugriff auf den Waffenschrank verhindert und damit der Widerstandsgrad aufrechterhalten wird, sind an die Aufbewahrung von Schlüsseln zu diesem Waffenschrank keine besonderen Anforderungen zu stellen.
Elektronische, mechanische und biometrische Zahlenschlösser sind gleichermaßen zulässig, soweit sie dem vorgeschriebenen Widerstandsgrad entsprechen.
Solange der Erlaubnisinhaber die tatsächliche Gewalt über den Schlüssel ausübt, liegt grundsätzlich kein Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften vor. Allerdings wurde im Urteil des OVG NRW betont: "Es ist indes lebensfremd zu erwarten, dass der Waffen- und Munitionsbesitzer stets die tatsächliche Gewalt über die Schlüssel zum Waffen- oder Munitionsbehältnis einschließlich etwaiger Zweitschlüssel wird ausüben können." Insoweit muss sichergestellt werden, dass für die Zeit, in der der Waffenbesitzer nicht die tatsächliche Gewalt ausübt − etwa beim nächtlichen Schlaf – der Schlüssel anforderungsgerecht verwahrt wird.
Entspricht die Art und Weise der Aufbewahrung der Waffen und Munition nicht den Anforderungen des § 36 WaffG i. V. m. § 13 AWaffV, führt dies nach dem Urteil des OVG NRW im Rahmen der in jedem Einzelfall anzustellenden Prognose in der Regel zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG). Denn es ist zu befürchten, dass den gesetzlichen Vorschriften zur sicheren Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition auch zukünftig nicht die erforderliche Priorität beigemessen werden wird. Die Folge wäre grundsätzlich der Widerruf erteilter waffenrechtlicher Erlaubnisse.
Zudem wird regelmäßig ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden. Wenn der Schlüssel unsachgemäß aufbewahrt und dadurch die Gefahr verursacht wird, dass eine Schusswaffe oder Munition abhandenkommt oder darauf unbefugt zugegriffen wird, kann zudem nicht ausgeschlossen werden, dass eine Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. In diesem Fall droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
Haben Sie Feedback für uns?
Schicken Sie uns einen Kommentar